WEIHNACHTLICHE LIEBE

Autor unbekannt

Die Gabi – ein zwölfjähriges Mädchen aus der Stadt, hat bei ihrer Großmutter am Land die Weihnachten verbracht. Das war immer sehr schön, feierlich und friedlich, weil die Großmutter darauf viel Wert gelegt hat.

 

„Auf die Geschenke kommt’s net an.“ hat sie gesagt, „Nur auf’s guat sein und auf die Liab!“

 

Am Heiligen Abend hat es kein Streiten und kein Schimpfen gegeben, jedem Menschen hat sie eine Freundlichkeit geschenkt. Und mit den Tieren ist sie extra gut umgegangen. Sie haben ein besseres Futter gekriegt, in den Hühnerstall hat sie warme Ziegel gelegt – und dem Fuchs, dem alten Hühnerdieb, hat sie ein Ei hingelegt.

Sie hat keinen Käfer zertreten und keine Mausfallen aufgestellt, sie hat für die Schmarotzer sogar ein paar Bröckerl Speck fallen lassen.

Die Gabi hat den Christbaum aufgeputzt, und wie sie den Tisch zurechtgerückt hat, ist eine riesige Spinne hervorgekrochen. In ihrem Schrecken hat sie sie gleich zertreten wollen. Aber die Großmutter hat sie gerade noch zurückhalten können. Sie hat die Spinne bei ihren Zwirnhaxen genommen und hat sie in die Holzkiste hineingegeben.

 

Um elf Uhr in der Nacht sind dann alle zur Christmette gegangen. Am Weg haben sie die Gattin des verstorbenen Bruders der Großmutter getroffen, die Frau Schwägerin. Die hat der Großmutter vor vierzig Jahren bei einer Erbschaft einen Acker streitig gemacht. Seither war sie die Todfeindin der Großmutter. Jede hat im Vorübergehen auf die Seite geschaut und keine hat die andere gegrüßt.

„Großmutter,“ hat die Gabi beim Nachhausegehen gesagt, „Ich versteh’ das nicht. Du willst jedem Tier und jedem Ungeziefer zu Weihnachten eine Freude machen, nur deiner Schwägerin nicht. 

 

"Das ist was anderes!" hat drauf die Großmutter gesagt.

"Das Ungeziefer - das kann ich nach die Feiertag' auch noch umbringen!"