STILLE NACHT

 

Felix Kerl

Am Heiligen Abend voriges Jahr:

Beim Frühstück war’s noch wunderbar,

um Zehne dann, i man, i tram,

da sagt mei Frau: „I wü an Bam!“

 

Wir hatten uns zwar ausgemacht

wir singen „baumlos“ „Stille Nacht“,

doch ist mit allen Frauenmächten

niemals a ew’ger Bund zu flechten.

 

So fahr’n ma kreuz und quer durch Wien,

a Bam is z’groß, der zweite z’dünn,

a and’rer hat kann schönen Spitz,

beim nächsten is der Preis a Witz.

 

So is’s dann fast scho z’Mittag g’wesn –

was ham ma kauft? An Rüadlbesen!

Mit der Staudn, statt an Bam,

so fahrn ma leider streitert ham.

 

Jetzt hammas - logisch - ziemlich eilig,

der Tag is alles, nur net heilig.

So fahr i durch der Nerven Reizung

bei Rot über de nächste Kreizung,

 

worauf die Polizei erhält.

an Teil von unserm Weihnachtsgeld.

Des kann die Stimmung zwar nicht heben,

doch kann man Schlimmeres erleben.

 

Und noch viel schneller als wir dachten,

uns neue Schicksalsschläge lachten:

Es stand mei Frau mit mir, dem Manne

(und der zernepften Doppeltanne)

 

vor der versperrten Wohnungstür

doch ohne Schlüsselbund dafür.

Was soll ich ihnen weiter sagen?

Die Tür beim Weggehn zugeschlagen.

 

Und jetzt wir beide, weiß wie Linnen

voll Sehnsucht nach der Tür von innen.

Es war schon finster, als sehr lahm,

ein frohbefahnter Schlosser kam.

 

Der öffnete, verklärt durch Rum,

die Pforte zum Elysium

und sang dabei, mit sich zu zweit,

von weihnachtlicher Selichkeit.

„Genug des Ungemachs für heut´

jetzt kommt des Tags Besinnlichkeit.“

so dachte ich naiv bei mir

und mach fürn Karpfen die Panier.

 

Mei Frau, beim Schmücken mehr von Nutzen,

begann das Strauchwerk aufzuputzen.

Der Karpf’ an guten Fortschritt macht,

im Radio spielns STILLE NACHT.

 

Die Stimmung ist ganz unbeschwert,

auf amol haut´s mei Frau um d´Erd

mit einem Schrei, dass alles bebt,

so hab i g’wusst, dass sie no lebt.

 

G’rad wie sie „Stille Nacht“ hat g’sungen,

da san die Christbaumkerzen z’sprungen.

Und für des Knalles Stärke spricht,

das ganze Haus ist ohne Licht.

 

Und ohne Licht heißt ohne Ton,

Hifi und Stereo ham keine Phon.

Der Heime Orgeln stehen stumm,

kein Plattenteller dreht sich rum.

 

Die Tele ist nur noch Vision,

Verstärkerklänge sind entflohn.

Und eh das Hausvolk Wirbel macht,

war d r e i   M i n u t e n  "STILLE NACHT"